es ist ein ganz normaler samstagvormittag. ich ziehe meinen bollerwagen über das kopfsteinpflaster. drinnen klappern kabelbinder, wahlplakate und eine lädierte trittleiter.
plötzlich öffnet sich im zweiten stock einer stadtvilla eine balkontür. thorbert, 41, beginnt mich und meinen bollerwagen zu beschimpfen. korrupt sei ich, sagt er. ob ich denn geld für diesen mist bekäme. und außerdem, was heißt denn überhaupt "netto"? oder "wirtschaft"?
ich verzichte darauf, ihm das konzept von korruption zu erläutern, oder gar wahl-slogans. stattdessen biege ich um die nächste ecke, um thorbert einen kanzlerkandidaten direkt vor die haustür zu hängen.
es dauert einen moment, dann öffnet sich oben erneut ein fenster. thorbert hat seinen posten am balkon verlassen, um weiter zu schreien. seelenruhig knote ich meine kabelbinder fest.
neben mir hält paul, ein junger mann mit baby im tragetuch. thorbert solle doch runter kommen, wenn er reden wolle, sagt paul. thorbert hält davon nichts, möchte ihm aber trotzdem mitteilen, dass paul eine flachpfeife sei. zwischen den beiden entspinnt sich eine debatte um meinungsfreiheit.
in der stadtvilla gegenüber öffnet sich ein weiteres fenster. horst, 68, findet, dass wir alle gern über politik reden können, aber bitte nicht in dieser lautstärke!
das plakat hängt mittlerweile ordnungsgemäß an der straßenlampe. während mein bollerwagen und ich weiterziehen, geht ein stockwerk über thorben das nächste fenster auf. zu den leiser werdenden stimmen von thorbert, paul und horst gesellt sich gerda. was sie uns mitteilen möchte, höre ich nicht mehr.